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Ballett für Rollstühle und Gabelstapler nach einer Maschinen-Tanz-Musik

Gefördert durch die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur
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Copyright by Christian Buchholz, Freinsheimer Str. 9, 67067 Ludwigshafen, 0621 539190
 
 

"Mobile" von Samuel J. Fleiner

Ballett für Rollstühle und Gabelstapler nach einer Maschinentanzmusik

Eine Stadtstruktur, die Leben, Wohnen, Arbeiten trennt und die Zwangsmobilität zur Folge hat, ist ein amerikanisches Konzept, das der arbeitsteiligen Industrie entnommen wurde und das mit europäischer Stadtgeschichte und seinen mittelalterlichen Stadtkernen wenig zu tun hat. Trotzdem wurde dieses Konzept bestimmend in der Stadtplanung der Nachkriegszeit. Beim Ballett für Rollstühle und Gabelstapler von Samuel J. Fleiner geht es deshalb nicht nur um Massenproduktion, sondern auch um Prozesse eingespielter Abhängigkeiten und Absurditäten einer zwangsmobilen Gesellschaft. Die Tänzer und Akteure sind Subjekte und Objekte "eingefahrener" Verhaltensmuster: Sie sind Teile unverständlicher Maschinen und Räume, sind individuell beglückte Mobilitätssubjekte sowie rastlos und ratlos im Stau Stehende. Sie sind Fahrzeug und Maschine in Personalunion, gleichsam gefesselt und befreit und damit eine Metapher für einen kollektiven Seinszustand mit dem Trend zum Zweitwagen. Getanzt wurde nach einer Maschinen-Tanz-Musik (MaTaMu) vor einer Video-Daten Kulisse. Es handelte sich dabei um reale und digital bearbeitete Geräusche aus der Verkehrs-, Freizeit- und Arbeitswelt, die zu einer Art "Musik Konkret" mutierten. Die Video-Daten-Kulisse (ViDaKu) wurde von Fleiner aus lndustriefilmfragmenten zusammengesetzt und bildet eine gestalterische Einheit mit der Geräuschmusik und der Choreographie. Einzelne Figuren lauten beispielsweise "Entladung", "Werkstück", "Just in Time", "Fließarbeit" oder "Distribution". Die Aufführung fand am 24.9.95 im Rheinland-Pfälzer und Ludwigshafener Kultursommer statt und richtete sich an ein allgemeines Publikum. Integration war bei dem Projekt ein gewollter Begleiteffekt. Im Zentrum standen aber die tänzerischen Fähigkeiten der Rollstuhlfahrer. Die Gabelstapler kompensierten in der Choreographie das vertikale Defizit. Das Publikum blickte von oben auf die Tanzfläche.
Verwendet wurden sowohl für die Produktion der Musik Konkret als auch für die Produktion der Video-Daten-Kulisse digitale computergestützte Schnittsysteme. Die Vidaku wurde mit einem Videobeamer auf eine 70 qm große Leinwand projiziert, die Matamu kam vom vorgefertigten Band und wurde mit einer Musikanlage mit einer Leistung von ca. 3000 Watt eingespielt. Es tanzten sechs Rollstühle, die Tänzer waren zwischen 18 und 25 Jahre alt, und fünf Stapler. Für Bühnentechnik waren zusätzlich sechs Personen und für die Beleuchtung 4 Personen im Einsatz. Das Team umfaßte einschließlich Fahrern und Catering 25 Personen, die teilweise ehrenamtlich im Einsatz waren. Nach der Antragsstellung und Partnersuche wurde zunächst der Ablauf geplant und eine Choreografie entwickelt. Aus Kostengründen entstand zuerst die Vidaku als Stummfilm aus Archivmaterial, das der Südwestfunk bereitstellte und dann erst die Maschinentanzmusik. Die Choreografie wurde von allen Beteiligten aktiv weiterentwickelt und ausgefeilt. Großen Anteil am Gelingen der Performance hatte Jule Graetke.

Das Projekt wurde von der Presse sehr gut aufgenommen, war außergewöhnlich gut und auch überregional angekündigt, konnte aber trotzdem nur wenig Publikum nach Ludwigshafen locken. Diejenigen, die gekommen waren, konnten aber begeistert werden.

Aus dem Jahresbericht der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur 1995

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